Ständige Geräusche im Ohr sind für Betroffene ein Leiden, welches den Alltag so extrem belastet, dass es die Lebensqualität auf ein Minimum heruntersetzt. Der sogenannte Tinnitus zeigt sich beispielsweise in Form eines Pfeifens, Brummens oder Piepens. Was dahintersteckt und wie ein Tinnitus behandelt werden kann, erfahren Sie hier.
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Was ist ein Tinnitus?
Jeder kennt es wahrscheinlich: Wenn Sie nach einem langen Arbeitstag, einem Shoppingausflug in der lauten Innenstadt oder von einem Konzert in Ihr leises zu Hause kommen, pfeift, brummt, scheppert oder summt es in den Ohren. Diese Ohrgeräusche vergehen meistens nach einiger Zeit, stören aber bereits extrem.
Wenn diese allerdings nicht mehr verschwinden oder vollkommen unwillkürlich wiederkehren, spricht man von einem Tinnitus.
- ca. 3 Millionen Deutsche haben mit dieser Erkrankung zu kämpfen
- „nur“ 1 % würde sich in der Lebensqualität eingeschränkt fühlen
- pro Jahr kommen ca. 300.000 neue Fälle hinzu
- viele sprechen mittlerweile von einer Volkskrankheit
- vor allem Menschen zwischen 70 und 80 Jahren erleiden einen Tinnitus
- immer mehr jüngere Menschen sind betroffen
- Frauen sind öfter betroffen als Männer
(Quelle: basenio.de)
Tinnitus-Formen: Subjektiv und Objektiv
Unterschieden wird in 2 Formen, welche als subjektiver oder objektiver Tinnitus bezeichnet.
Der subjektive Tinnitus hat keine reale Schallquelle und ist die häufigste Form dieser Ohrenerkrankung. Entsprechend schwer ist die Behandlung, weil sie mehr auf die Nervenzellen des Gehirns zurückzuführen ist, als auf etwas anderes.
Der objektive Tinnitus kommt sehr selten vor, hat dafür aber eine reale Schallquelle. Entsprechend kann diese Form auch besser behandelt werden, sobald die Ursache gefunden ist.
Dauer und Schweregrade
Außerdem wird noch in 3 Verläufe und Schweregrade eingeteilt, die sich auf die Dauer und Schwere der Erkrankung beziehen.
Dauer
- akuter Tinnitus: besteht bis zu drei Monate
- subakuter Tinnitus: besteht drei bis sechs Monate
- chronischer Tinnitus: besteht über drei bis sechs Monate
Schweregrade
Von dem kompensierten Tinnitus (Grad I bis II) spricht man, wenn die Lebensqualität in keiner Weise eingeschränkt wird.
- Grad I: kein Leidensdruck
- Grad II: Tinnitus verstärkt sich, wenn Stress oder andere Belastungen hinzukommen und / oder Stille herrscht
Der dekompensierte Tinnitus (Grad III bis IV) beschreibt die Schweregrade, bei dem sich die Ohrerkrankung auch im Alltag stark bemerkbar macht und der Leidensdruck enorm ist.
- Grad III: Der Tinnitus löst körperliche Beschwerden wie beispielsweise Schlafprobleme oder Konzentrationsstörungen aus, wodurch das Privat- und Berufsleben leiden.
- Grad IV: Der Tinnitus ist immerzu hörbar und lässt dem Betroffenen keine Ruhe mehr. Dadurch entstehen noch stärkere körperliche Beschwerden und das Privat- und Berufsleben leiden massiv.
Ursachen der Ohrgeräusche
Je nachdem, ob es sich um subjektive oder objektive Ohrgeräusche handelt, können sie unterschiedliche Ursachen haben.
Subjektiver Tinnitus
Die subjektive Form entsteht auf 3 Wegen: im Hörnerv, im Hörzentrum des Gehirns oder durch Stress,
Diese Ursprünge kann es geben:
- Verschluss des Gehörgangs (beispielsweise durch Ohrenschmalz oder Fremdkörper)
- vorspringende Knochen im Gehörgang (Exostosen)
- Riss oder Durchlöcherung des Trommelfells
- Trommelfellunbeweglichkeit
- Paukenerguss
- Mittelohrentzündung
- Knalltrauma
- Hörsturz
- Otosklerose
- Lärmschwerhörigkeit
- Morbus Menière (anfallartiger Drehschwindel mit Schwerhörigkeit und Ohrgeräusch)
- Altersschwerhörigkeit
- diverse Medikamente
- Stoffwechsel- und Nierenkrankheiten
- chronische Mittelohrentzündung
- starker Blutdruckabfall mit verschlechterter Durchblutung des Innenohrs
- Akustikusneurinom (Tumor des Hörnervs)
- emotionaler Belastung (Stress, Überforderung, Angst)
- Bluthochdruck (Hypertonie)
- zu niedrigem Blutdruck (Hypotonie)
- Blutarmut (Anämie)
- Alkoholvergiftung
- Drogen
- Narkosemittel
- psychische Erkrankungen
- Probleme der Halswirbelsäule
- Probleme mit den Kiefergelenken
- Zähneknirschen
Liegt die Ursache im Hörnerv, kommt dies meistens durch den Einfluss von Innenohrgiften, die den Innenohr-Hörnerv angreifen. Dadurch kann die Spontanaktivität (Entstehung von elektrischen Impulsen auf den Nervenfasern) verändert werden.
Wenn das Gehirn betroffen ist, werden die Signale, die von den Hörnerven kommen, nicht mehr richtig verarbeitet.
Ist Stress der Grund, kommt es zur Ausschüttung des Stresshormons Cortisol. Dies sorgt für verengte Blutgefäße, das Fließen des Bluts, was am Ende dazu führt, dass die Gefäße verstopfen.
Objektiver Tinnitus
Der objektive Tinnitus ist selten, kann vom Arzt lokalisiert und dementsprechend behandelt werden. Er hat folgende Ursachen:
- Gefäßverengungen
- Hämangiome (Blutschwämme)
- Verkrampfungen des Binnenmuskels im Mittelohr oder der Gaumenmuskeln
- Gaumensegelnystagmus
- Verschlussdefekt der Ohrtrompete
- Kiefergelenke
- Tumore im Mittelohr
- Veränderung im Blutstrom der Halsvenen
Symptome: Wie zeigt sich der Tinnitus?
Der Tinnitus selbst äußert sich durch verschiedene Ohrgeräusche.
Durch diese Belastung kommt es zu weiteren Symptomen, die zwar nicht selbst auf einen Tinnitus hinweisen, aber unweigerlich dazugehören.
- Schlafstörungen
- Gereiztheit
- Konzentrationsstörungen
- Muskelverspannungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS)
- Muskelverspannungen im Bereich der Kiefermuskeln / Kaumuskeln
- Zähneknirschen
- Kopfschmerzen
- Ohrenschmerzen
- Benommenheit
- Schwindel
- verzerrter Höreindruck, hallende Geräuschwahrnehmung (sogenannte Dysakusis)
- Überempfindlichkeit für laute Geräusche (sogenannte Hyperakusis)
- Angstzustände
- depressiven Verstimmungen oder Depressionen
Tinnitus: Arztwahl und Diagnose
Wenn Sie Ohrgeräusche wahrnehmen, sollten Sie sofort zu einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt gehen.
Danach erfolgt eine Reihe von Untersuchungen des Ohres.
- allgemeine Untersuchung des Halses, der Nase und Ohren
- Hörtests
- Analyse des Tinnitus-Geräusches: Frequenz- und Lautstärkebestimmung, Beschallung mit „weißem Rauschen“
- Tympanogramm: Überprüfung der Trommelfellbeweglichkeit
- Stapediusreflex: Überprüfung des Reflexes des Steigbügelmuskels (Musculus stapedius)
- otoakustischer Emissionstest: Überprüfung der Hörschneckenfunktion
- Hirnstammaudiometrie (BERA): Überprüfung des Hörnervs bzw. der Nervenreaktionen
- Gleichgewichtstest
Außerdem können noch folgende Tests durchgeführt werden:
- Blutuntersuchungen (beispielsweise auf Entzündungswerte)
- Magnetresonanztomographie (MRT)
- Computertomographie (CT)
- Funktionsuntersuchungen der Halswirbelsäule und des Kauapparates
Behandlung eines Tinnitus
Die Behandlung richtet sich vor allem danach, ob es sich um einen Subjektiven oder Objektiven handelt und wie lange er bereits besteht.
Grundsätzlich kann es sowohl bei einer akuten, als auch bei einer chronischen Form helfen, Magnesium einzunehmen, um zu viel Calcium zu bremsen. Manchmal kommt es zu einem übermäßigen Calciumeinstrom und folglich zu einer Belastung der Haarzellen.
Akuter subjektiver Tinnitus
Wenn die Ohrgeräusche nicht von selbst verschwinden, behandeln die meisten Ärzte zunächst mit einem Mittel, um die Durchblutung zu verbessern – zumindest, wenn die Ursache im Innenohr liegt oder sie nicht genau lokalisiert werden kann.
Auch ist eine Behandlung mit Glukokortikoiden, also entzündungshemmenden Mitteln als Infusion oder Tabletten oder gerinnungshemmenden Mitteln möglich – manchmal auch in Kombination.
Hat sich zu viel Ohrenschmalz oder ein Fremdkörper im Ohr angesiedelt, wird der Arzt dagegen mit einer Ohrenreinigung vorgehen.
Chronischer subjektiver Tinnitus
Die Behandlung erfolgt meist in Form einer Umlenkung der Aufmerksamkeit, sodass folglich das Gefühl entsteht, die Geräusche wären wieder verschwunden. Diese Behandlung nennt sich Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT).
Sollte eine verminderte Hörfähigkeit vorliegen, wird dementsprechend ein Hörgerät empfohlen. Der Vorteil hierbei ist, dass dadurch die Aufmerksamkeit quasi sofort auf die „wichtigen“ Geräusche fällt.
Außerdem ist es möglich, durchblutungsfördernde, entzündungshemmende und / oder gerinnungshemmende Mittel zu bekommen.
Vor allem aber ist es wichtig, dass Betroffene zur Ruhe kommen und sich zu entspannen lernen. Hierfür gibt es eine Vielzahl von Entspannungstechniken (beispielsweise Yoga oder progressive Muskelentspannung), die nicht nur gegen die Ohrgeräusche helfen, sondern auch im allgemeinen Alltag.
Selbstmedikation und Vorbeugung
Eine wirkliche Vorbeugung gibt es nicht, weil die Ohrgeräusche durch sehr viele verschiedene Faktoren ausgelöst werden können.
- Stress vermeiden
- genauso laute Umgebungen vermeiden bzw. Ohrenschutz benutzen
- eventuelle Krankheiten abklären und entsprechend behandeln lassen
- Finger weg von Drogen, Alkohol und Zigaretten und Co.
Dauer und Verlauf
Auch wenn bei den meisten Betroffenen der Tinnitus wieder ganz verschwindet, kann eine Dauer nicht vorausgesagt werden. Er kann wenige Tage, aber auch Wochen, Monate und Jahre andauern.
Umso früher der Arzt konsultiert wird, desto besser sind die Heilungschancen und desto kürzer kann der Leidensweg ausfallen.
Fazit – verschwindet oft von selbst, kann auch für immer bleiben
Aufgrund dessen, dass die Ursachen so unglaublich vielfältig sind, ist es schwer abzuschätzen, ob Betroffene für immer unter ihm leiden oder nicht. Mit gewissen Übungen ist es möglich, ihn zu überdecken, wenn er nicht von selbst verschwindet, aber wer das nicht schafft, büßt einiges an Lebensqualität ein.
Deswegen ist es wichtig, so schnell wie möglich zum Arzt zu gehen, wenn Ohrgeräusche zu hören sind.