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Was ist eine Insektengiftallergie?
Die Insektengiftallergie bezeichnet eine Allergie gegen bestimmte Insektengifte wie beispielsweise von Bienen oder Wespen. Sie ist eine eher seltenere Allergie, die zu Anfang meist recht harmlos ist und daher oft nicht als solche erkannt wird. Auch wenn sie seltener als eine Pollen-, Hausstaub- oder Tierhaarallergie ist, so ist das Risiko einer schweren Reaktion um ein Vielfaches erhöht.
- ca. 2 % der Bevölkerung ist von dieser Allergie betroffen
- in Deutschland werden Anaphylaxien (akut auftretende Reaktionen) am häufigsten durch Insektenstiche ausgelöst
- pro Jahr sterben ca. 20 Menschen an einer Insektengiftallergie von Bienen, Wespen oder Hornissen
- zwei Drittel sind Männer
- die Dunkelziffer der tatsächlichen Todesfälle durch eine Insektengiftallergie ist höher
Ursachen der Insektengiftallergie
Dringen Fremdstoffe (Antigene) in den Körper, reagiert das Immunsystem und bildet Antikörper, um sie unschädlich zu machen.
Sticht ein Insekt zu und kommt es zu einer allergischen Reaktion, werden aus den Antigenen die Allergene.
Allergene der Bienen:
- Phospholipase A
- Melittin
- Hyaluronidase
Allergene der Wespen:
- Hyaluronidase
- Phospholipase A
- Phospholipase B
Bei einer allergischen Reaktion reagiert das Immunsystem „über“. Infolgedessen schickt es Massen von IgE-Antikörpern los, sobald Allergene in den Organismus gedrungen sind. Anfänglich bzw. beim ersten Einstich ist das meistens noch kein Problem. Kommt es dann erneut zu einem Stich, reagiert das sensibilisierte Immunsystem heftiger.
IgE-Antikörper und Allergene bilden einen „Antigen-Antikörper-Komplex“, welcher für die Ausschüttung der Signalsubstanz Histamin sorgt. Dies bewirkt die Schwellung und Rötung.
Symptome
Es muss nicht der erste Insektenstich sein, wenn es zu einer allergischen Reaktion kommt. Wann immer Sie von Insekten gestochen werden, sollten Sie Ihren Körper (oder den Ihres Umfeldes) genau beobachten.
Örtliche Reaktion in einer harmlosen oder gesteigerten Form
- mehr oder weniger geschwollene Einstichstelle
- Brennen
- Rötung
Generalisierte / systemische Reaktion
- Symptome müssen nicht nur die Einstichstelle betreffen
- Juckreiz
- Erwärmung / Hitzegefühl
- Quaddeln
- Kopfschmerzen
- Übelkeit
- Schwindel
- Herz-Kreislauf-Beschwerden
- allergisch bedingt entzündete Nasenschleimhaut und Augenbindehaut
Ob der Gestochene an einer Insektengiftallergie leidet, zeigt sich in der Regel innerhalb weniger Sekunden bis zu 30 Minuten.
Gefährlich: Anaphylaktischer Schock und Stiche im Mund- und Rachenraum
Aufgrund einer Insektengiftallergie kann es zu einem anaphylaktischen Schock kommen, welcher im schlimmsten Fall zum Tod führt. Schwere Komplikationen können außerdem ein Stich im Mund- und Rachenraum auslösen.
Anaphylaktischer Schock
Wird eine Insektengiftallergie zu spät erkannt, kann es zu dem sogenannten anaphylaktischen Schock kommen. Dabei handelt es sich um eine lebensbedrohliche Extremreaktion des Organismus, die umgehend in ärztliche Betreuung gehört.
Symptome eines anaphylaktischen Schocks:
- Kribbeln oder Brennen von Zunge und/oder Rachenraum
- Herzrasen
- Blutdruckabfall
- Atemnot
- Atemstillstand
- Erbrechen
- spontaner Urin- und Stuhlabgang
Stellen Sie Symptome eines anaphylaktischen Schocks fest, muss nicht nur umgehend Erste Hilfe geleistet, sondern auch sofort der Notarzt gerufen werden.
Wichtiges und richtiges Verhalten
- entfernen Sie den Stachel, sonfern er noch in der Einstichstelle steckt
- Notfallmedikament verabreichen, sofern der Gestochene eins dabei hat
- Notarzt rufen
- „zu enge“ Kleidungsstücke entfernen
- Atemnot: aufrechte Sitzposition
- Schocksymptome: Schocklagerung
- Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage
- Lebenszeichen kontrollieren
- Reanimationsmaßnahmen bei fehlenden Lebenszeichen wie Herzdruckmassage
Ärztliche Notfallmaßnahmen
- Legung eines venösen Zugangs
- Volumenersatztherapie
- Gabe von Adrenalin für Blutgefäßverengung, stabile Herz-Kreislauf-Funktion, Abschwellen der Schleimhäute
- Gabe von Antihistaminikum und Kortison
Das Notfallset
Patienten, denen ihre Allergie bekannt ist, tragen im besten Fall ein sogenanntes Notfallset mit sich. Es besteht aus drei Komponenten:
- Antihistaminikum
- Kortisonpräparat
- Adrenalin-Autoinjektor
Medikamente in flüssiger Form haben sich bisher als die bessere Variante bewiesen, weil sie bei Stichen im Mund und Rachenraum besser eingenommen werden können.
Stiche im Mund- und Rachenraum
Stiche im Mund- und Rachenraum sind deswegen so gefährlich, weil sie nicht nur bei Allergikern zu einer starken Schwellung des Mundes oder Rachens führen können.
Sollte das Anschwellen nicht aufhören, sollte unbedingt der Notarzt gerufen oder ein Arzt aufgesucht werden.
In der Zwischenzeit kann die Schwellung mit dem Lutschen von Eiswürfeln oder dem Kühlen von außen in Schach gehalten werden.
Diagnose einer Insektengiftallergie
Die Diagnose kann mittels einer Blickuntersuchung gestellt werden. Bei ihr wird der Schweregrad festgestellt, worauf auf eine normale oder allergische Reaktion zu schließen ist.
Es gibt allerdings auch eine Reihe von Tests, mit denen der Schweregrad und das allergieauslösende Insektengift kenntlich gemacht werden. Sie werden dann gemacht, wenn die Reaktionen das Normalmaß übersteigen.
Prick-Test
Hierbei wird der Unterarm zu Hilfe genommen, auf den mehrere Felder und Zahlen gemalt werden. In diese Felder kommen jeweils ein anderes Insektengift und eine sogenannte Positiv- und Negativkontrolle. In der Positivkontrolle ist Histamin enthalten, wodurch es zur Bildung von Quaddeln kommt. Die Negativkontrolle ist eine Kochsalzlösung, die nichts auslösen sollte.
Damit die Insektengiftlösungen die oberste Hautschicht durchdringen und auf die Abwehrzellen (Mastzellen) treffen können, ist ein Anritzen der Haut notwendig. Diese senden dann entsprechende Botenstoffe, sodass es zu einer Reaktion kommt.
Nach 15 bis 20 Minuten ist der Test auf eine Insektengiftallergie beendet und der Arzt notiert sich die vorliegenden Informationen über das bzw. die Allergene, Quaddeln, Rötungen und so weiter.
Therapie der Insektengiftallergie
Gegen die Insektengiftallergie kann nicht nur akut etwas getan werden, sondern auch längerfristig in Form einer Hyposensibilisierung, auch als spezifische Immuntherapie bekannt.
Das Ziel der Hyposensibilisierung ist, den Körper dazu zu bewegen, nicht mehr in dieser starken Form auf die Allergene zu reagieren. Die Erfolgsquote liegt bei 95 – 100 %, je nach Stärke der Therapie.
Nach dem Pick-Test, in dem herausgefunden wurde, welches Insektengift eine Allergie hervorruft, wird genau dieses mit steigender Dosis in den Oberarm injiziert. Zu Beginn der Hyposensibilisierung ist es üblich, die Behandlung alle 4 Wochen und dann alle 6 Wochen zu wiederholen.
In der Regel dauert die Behandlung 2 bis 5 Jahre, kann aber auch das ganze Leben gehen.
Folgende Medikamente können einer Hyposensibilisierung im Wege stehen:
- Betablocker (auch Augentropfen)
- ACE-Hemmer
- nicht steroidale Antirheumatika
Kosten der Therapie
Wie hoch die Kosten für eine Hyposensibilisierung sind, ist abhängig von der Dauer und Variante. Allerdings tragen Krankenkassen die Kosten.
Risikofaktoren und vorbeugende Maßnahmen
Die häufigsten Stiche werden durch Bienen und Wespen gemeldet. Deswegen sollten Sie das Verhalten dieser Tiere kennen und sich entsprechend verhalten, ehe es zum Stich kommt. Zudem können vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden, damit das Risiko des Ernstfalles gemindert wird.
Risikofaktoren
Bienen
- leben von Frühjahr bis Spätsommer
- halten sich vor allem in der Nähe von Bienenstöcken und Blüten auf
- stechen zu, wenn sie sich bedroht fühlen
- Stachel verbleibt meist in der Haut
Wespen
- leben von Sommer bis Spätherbst
- sind meistens in der Nähe von Lebensmitteln oder Müll zu finden
- sind eher aggressive Tiere
- stechen zu, wenn sie sich bedroht fühlen, was sie schnell tun, auch wenn es nicht der Fall ist (zum Beispiel durch Bewegungen oder Anpusten)
Vorbeugende Maßnahmen
- aufs Essen im Freien verzichten.
- den Tisch nach dem Essen abräumen, um keine Insekten anzulocken.
- Trinkgläser abdecken
- mit einem Strohhalm trinken
- lange Kleidung tragen
- nicht in die Nähe von Abfall oder Bienenstöcken und Wespennestern gehen
- bei Mülltonnen ruhig verhalten und auf die Tiere achten
- nicht wild um sich schlagen, denn dann fühlen sie sich bedroht
- zu Hause Fliegengitter anbringen
- die Fenster tagsüber geschlossen halten
Fazit – Sehr gefährlich, aber gut behandelbar
Die Insektengiftallergie ist eine vergleichsweise seltene, dafür allerdings eine Allergie, die schnell lebensbedrohlich werden kann. Wichtig ist, wenn die Symptome zu extrem sind, den Arzt zu konsultieren und einen Test zu machen. Bei einem positiven Allergietest sollte unbedingt immer ein Notfallset am Mann sein, um im Ernstfall so schnell wie möglich handeln zu können.
Glücklicherweise ist die Insektengiftallergie in Form einer Hyposensibilisierung sehr gut behandelbar, auch wenn sie langwierig ist. Jedoch schreckt genau das viele Betroffene ab. Schließlich geht es im Ernstfall um das eigene Leben.